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Peter Oelker hochgeladen im Album
meine Hölzer am 23.05.2017
Die Pflügerin ist Ende Mai 2015 mit ihrem Kleinkind Valera und einem Schwingpflug in der Streugut-Lagerhalle in Möglin aus einer ca. 100 cm dicken Pappel auf 1.80 m Höhe heraus gesägt worden. Die Valera wurde aus einem Stück des elterlichen Birnenbaums herausgearbeitet. Leider hat sich bald herausgestellt, dass die Pappel stark von der Weißfäule befallen ist. Die Pflügerin ist daher bis zum 8.4.2017 "trocken gelegt” worden. An diesem Tag wurde die Pflügerin nach Herzhorn, einer Ortschaft noch zum Barnim gehörig, dicht vorm Oderbruch, transportiert und aufgestellt. Valera gesellte sich Anfang Mai 2017 dazu und heute, am 23.5.2017 bekamen sie den Schwingpflug wieder dazu. Die Gruppe fügt sich sehr gut in die Teichlandschaft ein. Der zu pflügende Acker liegt direkt über der Strasse L 33 in Richtung Wriezen, der ehemaligen Hauptstadt des Oderbruchs. Wir werden es erleben, wie lange sie nun in frischer Luft der Weißfäule trotzt. Die äußeren Verfärbungen der Figur charakterisieren die unmittelbare Nachkriegszeit im Oderbruch und Barnim. Ich habe sie nicht abgeschliffen.
Die Story der Gruppe geht so:
Auf Tonträgern festgehaltene Geschichten aus der Nachkriegszeit und der DDR sollten es werden, dargestellt als eine zehnköpfige Skulpturengruppe aus Holz, die in der Lehmkute in Reichenow ihren Platz finden sollte.
In der Nachkriegszeit, im Oderbruch, auch auf dem Barnim, nach der Schlacht um die Seelower Höhen vom 16. bis 19. April 1945 gab es kaum noch Männer, die die notwendigen Arbeiten fürs Überleben leisten konnten. Frauen mussten das Gleiche wie die im Kriege gebliebenen Männer verrichten und zusätzlich auch das, was Frauen von Alters her immer tun mussten:
Kinder kriegen und aufziehen,
das täglich Brot beschaffen,
die Wirtschaft führen,
sich um die Alten und Kranken kümmern
und nun noch um ihre im Kriege gebliebenen Männer trauern,
die aus dem Boden tretenden sterblichen Überreste der ca. 50.000 Toten den Suchdiensten melden, sich gegenüber den Besatzern behaupten,
alle Verantwortung tragen,
kurzum, das (Über-) Leben in allen Facetten meistern.
Das wurde auch in der nachfolgenden DDR-Zeit als selbstverständlich genommen. Kinderkrippen und -horte machten es möglich, sich den vollen beruflichen Anforderungen zu stellen. Nahezu alle Bewohner Reichenows, Männer wie Frauen, waren von Anbeginn in der LPG Morgenrot oder deren Versorgungseinrichtungen tätig, hieß es in dem Flyer zu diesem Projekt. Die Frauen hätten ihren Mann gestanden. Als Ehefrau für den Mann und Mutter für die Kinder da zu sein, im Krankheits- und Krisenfall die Verantwortung zu übernehmen und die damit verbundenen Sorgen und Mehrarbeiten wie selbstverständlich auf sich zu nehmen, war etwas, worauf sie in der DDR stolz gewesen seien.
Aus dem Projekt "Wir waren zehn Mann --- alles Frauen" wurde aber nichts, weil die inzwischen über Achtzigjährigen nicht mehr über ihre vergangenen Zeiten vor dem Mikrofon sprechen mochten. Mein Projektanteil "Pflügerin" möchte ich aber nicht aufgeben. Der Schwingpflug ist nun aus Holz gefertigt. Das Zugtier, vielleicht eine abgemagerte Kuh, wie sie Bugatti geformt hätte, bleibt imaginär. Die junge Bäuerin pflügt selbstbewusst mit ihren großen Händen kraftvoll ihr Neuland und hat ihr Kindchen stets im Blick.
Wie ein Mann, oder....?
Ihr gestriges "outfit" zeigt die junge Frau mit Kind heute wie im Zustand von 1947 nach der Schlacht um die Seelower Höhen...
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